Buchtipp “Company of One”: Wie groß soll dein Unternehmen werden?
Hast du dir auch schön öfters überlegt, in welche Richtung du dein Unternehmen wenden willst? Wie groß du eigentlich wirklich werden möchtest?
Ob du lieber eine Agentur gründen sollst, alleine bleiben, oder womöglich mit einem mittelgroßen Remote-Team?
Ein sehr gutes Buch dazu ist das englische Company Of One* von Paul Jarvis. Dessen Untertitel lässt sich so übersetzen: “Warum klein zu bleiben das neue große Ding für Unternehmen ist”. Ich habe das Buch bei seinem Herauskommen im Jahr 2019 gelesen, es ist aber so zeitlos, dass du es lesen kannst, egal welches Jahr es gerade ist.
Kleiner ist besser? Eine sehr interessante These. Denn natürlich geht es überall immer um mehr, mehr, mehr - und größer. Wachse oder weiche, das ist die gängige Sichtweise, wenn es um Firmen und Unternehmertum geht. Wer nicht wächst, wird früher oder später stark zurückfallen. So zumindest die konventionelle Weisheit.
Wenn du ein Unternehmen hast, wirst du deswegen meist eher nach der Anzahl der Mitarbeiter gefragt als nach dem Gewinn. Aber eigentlich ist dieses Denken nicht unbedingt zeitgemäß. Denn das bedeutet, dass alle immer noch meinen, dass dein Umsatz oder Gewinn linear zu deinen Mitarbeitern bzw. Unternehmensgröße wächst.
Dass das nicht stimmt, dafür gibt es viele Beispiele. Es gibt hochprofitable Mini-Unternehmen (der Mitarbeitergröße nach) und riesige Firmen mit vielen Leuten, die in den roten Zahlen stehen und über Jahre negative Ergebnisse produzieren.
In Paul Jarvis’ Buch geht es darum, wie du es schaffen kannst, eine “Company of One” zu bauen, die nicht darauf basiert, immer größer zu werden. Die mit kleinen Ressourcen, wenig Manpower und ohne riesiges Startkapital gegründet und geführt werden kann. Und zwar hochprofitabel. Dabei heißt das “One” übrigens nicht, dass du alleine sein musst. Die Prinzipien lassen sich auch auf größere Unternehmen anwenden.
Fand ich super interessant! Vor allem, weil ja in sämtlichen Startup-Kreisen meist nur von Funding, Umsatz und Co. die Rede ist. Aber: Gewinn pro Mitarbeiter - das wäre eigentlich viel interessanter. 😊
Was du aus diesem Buch lernen kannst
Wachstum des Wachstums wegen wird hier sehr kritisch gesehen. Paul Jarvis führt einige Beispiele an, bei denen wildes Wachstum Unternehmen geschwächt hat. Und es werden Unternehmen gezeigt, die die Prinzipien anwenden und frei und unabhängig bleiben.
Hier ein paar Punkte:
Skaliere die richtigen Dinge
Das Wort “skalieren” ist in den letzten Jahren zu dem Schlüsselwort überhaupt geworden. Alles muss skalierbar sein. Je mehr technische Möglichkeiten du hast, desto einfacher ist das schließlich auch. Also froh drauf los skaliert und ge-growth-hackt! 😎
Hier ist das Buch allerdings sehr kritisch. Du sollst - ohne ein “großes” Unternehmen zu werden - viele Dinge in einer “Company of One” skalieren: Umsatz, Spaß, Anzahl der Fans, Fokus, Autonomie.
Was du Pauls Meinung nach nicht skalieren solltest, ist die Anzahl der festen Mitarbeiter, deine generellen Fixkosten und dein Stresslevel.
Denn bestenfalls steigt dein Umsatz nicht linear zu deinen Mitarbeitern, sondern exponentiell und so, dass du durch einen stetigen Input mehr erreichst. Es heißt, dass du durch eine smarte Austellung deine Umsätze wachsen lassen sollst, und nicht deine Kosten dazu fast linear zu steigern. Ganz praktisch bedeutet das, Strukturen und automatisierte Prozesse zu schaffen, die es dir ermöglichen, mit dem gleichen Firmen-Setup mehr zu erreichen.
Fragen, die du dir dazu stellen kannst
Wenn du Dienstleistungen anbietest: Kannst du deinen Preis soweit anheben, dass du wächst, ohne die Anzahl deiner Kunden zu erhöhen? Wie müsstest du deinen Service aufpimpen, dass du einen Premiumpreis verlangen könntest?
Wenn du Produkte anbietest: Wie kannst du deine Produkte toller und begehrenswerter machen, ohne komplett neue Produkte zu entwickeln? Kannst du deren Wert erhöhen oder Pakete schnüren? Wie kannst du bestehende Fans beglücken?
Kurz: Wie kannst du Probleme in deiner Firma mit bestehenden Mitteln lösen, ohne “mehr” zu brauchen?
Warum viele blind “mehr” wollen
Am Anfang des Buches geht es viel um die Philosophie dieser Art des Unternehmertums.
Denn als „Company Of One“ hast du nicht unbedingt das größte Prestige zu erwarten. Die Gesellschaft belohnt diejenigen mit Anerkennung und Respekt, die “große” Firmen haben. Doch was man, wenn man sich das blind zum Ziel setzt, vergisst, ist, dass das auch seinen Preis hat. Vielleicht willst du die Nebeneffekte, die ein traditionelles Startup mit sich bringt, ja gar nicht? Schließlich geht es hier um Freiheit und Autonomie.
Außerdem wird vergessen, dass der CEO eines Startups mit Millionen-Finanzierung möglicherweise viel weniger Gehalt bekommt als der Besitzer einer hochprofitablen “Company of One” sich selbst auszahlen kann.
Ein solches Unternehmen ist deswegen nicht zu verwechseln mit Selbstständigkeit oder Freelancertum.
Es ist die Art, ein Unternehmen zu führen, das nicht nur durch seine Mitarbeiterzahl skaliert.
Sondern ausschließlich durch gute Prozesse.
Unternehmensziel: Freiheit, Autonomie, Beweglichkeit
Klein zu bleiben bedeutet nicht Scheitern, sondern kann sogar dein Endziel sein oder eine smarte langfristige Strategie.
Das Ziel ist es, besser zu sein in einem Sinn, der eben nicht die Nachteile von großen Firmen mit sich bringt. Du bist agiler, freier, schneller. Und musst nicht, wenn es mal schlechter läuft, Dutzende von Mitarbeitern feuern.
Natürlich eignet sich dieses Konzept nicht für alle Bereiche. Es gibt viele Geschäftsideen, die so kapitalintensiv sind, dass du sie eben nicht als Company of One aufbauen kannst.
Die Beispiele in Paul Jarvis‘ Buch sind meist Wissensarbeiter und Onlineshop-Besitzer, aber auch Unternehmer, die “Productized Services” anbieten.
Aber es gibt auch Beispiele für größere Startups wie Basecamp oder Mailchimp, die ebenfalls nicht einfach blind wachsen. (*Update: Mailchimp wurde inzwischen verkauft.)
Bevor du losgehst: Wo willst du hin?
Ob eine Company of One für dich infrage kommt oder du eigentlich etwas ganz anderes willst, ist sehr persönlich.
Setz dich hin und überleg dir die Antworten auf diese zwei Fragen:
1. Wie sieht dein Unternehmen im Idealfall (wenn alles super läuft) in 5 und in 10 Jahren aus?
Würdest du am liebsten ein großes Büro leiten, in dem du durch lichtdurchflutete Flure läufst und Mitarbeiter hier und dort? Möchtest du Meetings mit Mitarbeitern leiten und Leute managen? Reports für VCs erstellen?
Oder: Säßest du am liebsten allein mit deinem Laptop in einem Häuschen im Wald?
Oder: Hättest du gerne ein kleines Team von vier, fünf netten Leuten, die deine Angestellte in deinem kleinen Unternehmen sind?
Arbeitest du gerne alleine, aber brauchst Leute und willst ein Heer an Remote Angestellten aufbauen?
Oder fühlst du dich am wohlsten in einem quirligen Großraumbüro?
Die Art, welches Unternehmen du haben willst, hat sehr viel mit deinen persönlichen Vorlieben zu tun. Nur weil alle etwas machen, heißt es nicht, dass es für dich richtig ist. Das führt dann auch schon zur zweiten Frage:
2. Warum hast du dein Unternehmen gegründet bzw. willst gründen?
Wegen Autonomie?
Weil du so gut in deinem Fachgebiet bist? (Wenn ja: Wieso glaubst du, dass du als Fachmann bzw. -frau in einem Unternehmen nicht gut aufgehoben bist? Eine sehr wichtige Frage. Nicht jeder Spezialist will oder kann Unternehmer werden.)
Weil du auf das große Geld aus bist? (Übrigens schwierig, wenn das deine einzige Motivation ist.)
Weil du ein schlechter Angestellter bist?
Oder weil du, wenn du ganz ehrlich bist, einfach einen coolen Lifestyle mit dem Unternehmertum verbindest?
Die Antworten auf diese beiden Fragen sind der Grundstein deiner späteren Strategien. Wenn du ein riesiges Imperium in Konzernform mit vielen Mitarbeitern aufbauen willst, ist es etwas ganz anderes, das du tun musst, als wenn du gerne ein automatisiertes Remote-Business hättest.
Überleg dir das jetzt und nicht später. Natürlich kannst du später immer noch revidieren, wenn du merkst, dass du eigentlich etwas anderes willst. Aber es ist wichtig, zu wissen, warum du das Ganze machst.
Das Ziel, was du anstrebst, bestimmt auch oft Möglichkeiten für den Weg - und lenkt deinen Blick in bestimmte Richtungen.
Wie gründe ich mein Unternehmen denn alleine?
Wie fängt man also mit einer Company of One an?
Ideen, die so teuer und kompliziert sind, kannst du später umsetzen, schreibt Paul Jarvis. Damit hat er eine sehr ähnliche Meinung wie Derek Sivers (interessanterweise nimmt Jarvis viele Referencen zu Sivers, über dessen Buch “Anything you want” ich gerade erst geschrieben habe). Nämlich dass du damit anfangen solltest, mit deinen jetzigen Mitteln den ersten Kunden zu helfen. Und dann erst Umsatz zu erzeugen, bevor du deine Kosten erhöhst.
Dabei hat Jarvis die Meinung, dass du zunächst deine Expertise in einem anderen Unternehmen oder in einem Freelance-Business ausprobieren und erproben solltest, bevor bzw. während du dein eigenes Unternehmen aufbaust.
Mehr lesen
Wenn du noch mehr lesen willst, kann ich Paul Jarvis’ Buch auf jeden Fall empfehlen. Es geht allerdings eher um eine Unternehmensphilosophie mit wenigen praktischen Fragen, die du auf dein Business anwenden kannst, als um einen How-to-Guide.
Es ist kein Arbeitsbuch oder Schritt-für-Schritt-Anleitung, wie du das Unternehmen dann konkret aufbaust. Aber es gibt sicherlich einige spannende Ideen für dein Konzept - oder natürlich dein bestehendes Unternehmen.
Hier gibt es das Buch (auf Englisch):
Company of One - Why Staying Small is the Next Big Thing for Business* von Paul Jarvis
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